Teil 1
„Der grundlegende körperliche Zustand ist unbeschadet …“ (Rafael)
HBS: Ein frohes und gesundes neues Jahr Euch beiden, man traut sich das gar nicht zu fragen: Fühlt Ihr Euch fit?
Lars: Danke. Das wünsche ich euch Allen auch. Mir geht es gut, zumindest glaube ich das. Aber es sind schon wirklich komische Zeiten, durch die ich mich jedoch, bis dato, unbeschadet durchgewunden habe. Mal schauen, wie es noch weiter geht und wie lange uns die Sache noch beschäftigt.
Rafael: Besten Dank. Auch von mir ein frohes und gesundes neues Jahr. Der grundlegende körperliche Zustand ist unbeschadet – bisher wurde ich vom Corona-Virus sowie von größeren Erkrankungen verschont. Mein Außenbandriss ist auch auskuriert, pünktlich zum Lockdown hat der Arzt mir die Freigabe zum Handball spielen erteilt.
HBS: Lars, Du bist auf Grund Deiner Verletzung nicht in den Genuss eines Saisonspiels gekommen. Was macht die Verletzung?
Lars: Ja, das stimmt leider. Wieder mal durfte ich feststellen, dass es nichts für mich ist, nur neben dem Feld zu stehen und zusehen zu müssen. Ich für meinen Teil hasse dieses Gefühl, nicht Hilfe leisten zu können. Ich war nach den Spielen platter, als nach einem Spiel in dem ich selber gespielt habe.
Zur Heilung selber kann ich eigentlich nur sagen, dass alle Beteiligten sehr zufrieden mit dem Prozess sind. Es ist natürlich viel Arbeit bzw. Training, den Muskelschwund wieder zu beheben. Aber da bin ich dran. Ich hoffe wirklich bald, wenn wieder erlaubt, ins leichte Training mit Ball einsteigen zu können.
HBS: Rafael hat vertretungsweise das Kapitänsamt übernommen, hast Du ihm etwas mit auf den Weg gegeben?
Lars: Mach es nicht kaputt. Ich will das wiederhaben.
Ach nein…, eigentlich musste ich ihm nichts sagen. Er weiß es ja selbst, worauf es ankommt im Handball. Zudem standen wir mit den Verantwortlichen stets in gutem Austausch, was die Mannschaft und die Situation um die Spieler angeht. Zumindest habe ich es so empfunden. So ein Kapitän zu sein, von der Mannschaft gewählt, ist ja auch Ehre. Da macht man schon automatisch vieles richtig, da man über jede Sache mehr nachdenkt, als normal – als Spieler.
HBS: Eine große Herausforderung für Dich Rafael, ist die Mannschaft doch in die Verbandsliga aufgestiegen und der eigene Druck sicherlich hoch?
Rafael: Zuerst einmal möchte ich hier einhaken: Bisher durfte ich die Mannschaft in einem Pflichtspiel leider noch nicht aufs Spielfeld führen. Das war leider meiner Verletzung kurz vor Saisonstart geschuldet.
An sich ist der Druck aber nicht höher als sonst auch. Wenn die Mannschaft einen Kapitän wählt, möchte man ihr das Vertrauen natürlich zurückgeben. Auf der anderen Seite wird man auch nicht gewählt, wenn man vorher nicht schon entsprechende Verantwortung übernommen hat. Letztendlich saßen Lars und ich dann beide nebeneinander und haben auf der Tribüne unser Bestes gegeben.
„Die Mannschaft hat sich in Teilen wirklich überragend gezeigt.“ (Lars)
HBS: Könnte Ihr etwas über die Vorbereitung und den Zustand der Mannschaft sagen, nicht nur sportlich, sondern auch über die psychischen Herausforderungen?
Lars: Ich denke über die gesamte Zeit gab es immer wieder Höhen und Tiefen. Die Mannschaft hat sich in Teilen wirklich überragend gezeigt. In anderen Spielen hatte ich dann wieder das Gefühl, als hätte ich eine Mannschaft gesehen, die vier Jahre weniger Erfahrung hat als eigentlich vorhanden. Das ist aber glaube ich ein normaler Zustand, da die Psyche in diesen Zeiten einfach eine sehr große Rolle spielt.
Diese gesamte Zeit ist nicht so recht zu packen. Keiner weiß wie geht es los, wie hört es auf. Ist das Training jetzt wichtig oder spielen wir morgen eh nicht mehr? Ein totales Chaos, was auch in den Köpfen der Spieler herrscht. Am Ende ist es für alle frustrierend nicht zu wissen, was Sache ist. Das wirkt sich auch auf die Gemüter aus. Alle wollen Spielen, das geile Gefühl des Wettkampfes erleben, mit der Mannschaft sich durch einen anstrengenden Fight beißen und danach die wohlverdiente Apfelschorle trinken. Das geht alles nicht und lässt die ein oder andere Zündschnur derzeit ziemlich kurz werden. Aber auch das bekommen wir nach einigen normalen Einheiten wieder in den Griff.
Rafael: Ich glaube, Lars hat das schon sehr treffend zusammengefasst. Zudem denke ich, dass es anderen Mannschaften ähnlich geht. An einem Tag spielt die Mannschaft völlig unter den Erwartungen und drei Tage später holt man viel mehr raus als erwartet werden konnte. Das Zusammenspiel von psychischen und physischen Voraussetzungen ist hierbei auch ganz wichtig. Nach einer langen Pause läuft alles noch nicht wieder so rund, wie man es erwartet und daraus entsteht dann gleichzeitig der Druck, dass man sich hinterfragt, wieso das nicht so ist. Im Hochsommer hatte ich zwischenzeitlich fast das alte Gefühl wieder, aber wenn man im Kopf hat, dass das Spiel das letzte für eine lange Zeit sein kann, ist das eine blöde Situation.
HBS: Wie habt Ihr den Lockdown aufgenommen und wie habt Ihr ihn bisher verlebt?
Lars: Irgendwie habe ich schon vorher damit gerechnet, dass es so kommen wird und war sehr pessimistisch eingestellt, was diese Saison anging. Einen so frühen Anstieg der Corona-Zahlen und somit auch frühen Abbruch der Saison habe ich nicht erwartet. Aber im Endeffekt denke ich – war er nur berechtigt und ein Wiedereinstieg in eine Saison wäre vermutlich bescheuert. Die Fitness der Spieler und das Pensum was dann für jeden neben Job, Schule oder Studium abgeliefert werden müsste, um eine wirklich aussagekräftige und zu wertende Spielzeit ermöglichen zu können, wäre meines Erachtens von Verletzungen geplagt. Selbst in der Bundesliga, ist zu sehen, dass die vielen Spiele nicht zu stemmen sind und eine Verletzung die Nächste jagt. Und die können sich voll darauf konzentrieren und vorbereiten. Wie sollte es dann bei uns sein, wenn man „englische Wochen“ spielen müsste. Derzeit undenkbar und auch keinem zu erklären.
Ansonsten muss ich doch sagen, dass vermutlich nicht viele Sportler nach einem Kreuzbandriss und damit verbundener OP nur zwei Saisonspiele verpasst haben. Für mich, um so wenig wie möglich zugucken zu müssen war es also positiv. Allerdings könnte ich jetzt auch wieder mehr Training gebrauchen, um die Beine wieder voll in Gang zu bekommen.
Naja… derzeit gibt es viele Menschen denen es schlechter geht. Also will ich mal nicht klagen.
„Ich genieße es, Handball im TV gucken zu können, was dann auch häufig die Highlights meiner Woche sind.“ (Rafael)
Rafael: Es ist ein wenig komisch, dass ich mich relativ gut wieder in den „Lockdown-Modus“ umstellen konnte, aber das ist wohl der menschlichen Anpassung an die Umgebung geschuldet. Im November konnte ich meine Motivation zum Lauftraining hochhalten, habe sie im Dezember ein wenig schleifen lassen und konnte mir somit ideal Vorsätze für das neue Jahr machen. Ansonsten genieße ich es, Handball im TV gucken zu können, was dann auch häufig die Highlights meiner Woche sind. Ansonsten sind es die üblichen Dinge: Arbeiten, Weihnachten, Studium. Zum Studieren habe ich an sich aktuell viel Zeit, allerdings fehlt auch der Ausgleich durch den Handball, sodass hier die Motivation noch geringer ist als sonst.
Vielen Dank bis hierher, wir freuen uns auf die Fortsetzung unseres Interviews in der nächsten Woche!